Freitag, 20. Februar 2015

Hallo, das sind wir und so leben wir

Bevor ich loslege, und meine lebenswichtigen Informationen unters Volk streue - keine Sorge, zwischendurch gibts auch ein bißchen Klatsch und Tratsch - stelle ich meine kleine Herde vor. Meine, weil ich der Chef bin. Von Anfang an. Das hat sich irgendwie zufällig so ergeben, weil keiner von den anderen den Job wollte. Also habe ich mich breitschlagen lassen. Die anderen sind zufrieden und ich denke, ich mache das ganz gut. Jedenfalls bin ich keiner von dieser tyrannischen Sorte. Ohren anlegen reicht in der Regel. Nur die Kleine kriegt hin und wieder meine Zähne zu spüren. Die ist aber auch sowas von frech und ungezogen. Seit ich da bin, ist es zwar schon besser geworden. Aber insgesamt ist sie reichlich respektlos. Von den anderen wird sie auch manchmal ganz schön gejagt, wenn sie sich wieder daneben benommen hat. Dann kommt sie immer zu mir angelaufen und sucht Schutz. Den gewähre ich meistens auch, es sei denn sie hat den Bogen überspannt, dann gibts auch von mir eine Lektion.

Ich komm schon wieder ins Plaudern, dabei wollte ich doch meine Herde vorstellen. Ladies first, als Gentleman fange ich natürlich mit meiner Dame an. Sie ist mit 24 unser Oldie und heißt Ria Walena, genannt Ria, Riechen, Omi oder Lotte, je nachdem wer von den Zweibeinern gerade da ist. Bevor sie zu ihrem jetzigen supernetten Menschen kam, war ihr Leben nicht gerade berauschend. Sie mußte nämlich im sogenannten Großen Sport Dressuraufgaben abliefern. So ein paar Cracks mit großen Namen, die ich jetzt nicht nennen möchte, scheuchten sie Jahr für Jahr durchs Viereck. Mit dem Ergebnis, daß sie heute Arthrose hat. Auf allen vier Beinen. Als sie nicht mehr konnte, wurde sie abgeschoben. Aber sie hatte Glück und kam in liebe Hände. Jetzt genießt sie ihre Rente, mit allem was dazu gehört: Freunden, Freilauf, Kräuterchen und Pülverchen und Heucobs und Streicheleinheiten.

Dann ist da noch Poker, der ist 21 und Rias Freund und gehört auch dieser netten Frau. Die beiden kamen vor etwa zwei Jahren und wir haben uns alle auf Anhieb verstanden. Was ja auch nicht immer klappt und einfach ist, wenn man so zusammengewürfelt wird und kein Mitspracherecht hat. Aber das ist ein anderes Thema. Poker ist übrigens das, was man ein Endmaßpony nennt, also eine Spur kleiner als ich;-). Lenardo ist der vierte im Bunde. Ihm habe ich es zu verdanken, daß ich überhaupt in diese Herde gekommen und zum Chef aufgestiegen bin.

Ein Freund, ein guter Freund...

 

Lenardo ist 19 und war 13 Jahre lang mit seinem Freund Bobbie zusammen. Die beiden gingen durch dick und dünn, waren ein Herz und eine Seele. Das hat er mir einmal in einer lauen Sommernacht erzählt. Aber dann ist Bobbie gestorben, völlig überraschend an so einer blöden Kolik. Kolik ist überhaupt das Schlimmste für uns, außer Hufrehe. Aber das ist auch wieder ein anderes Thema. Nach Bobbies Tod war natürlich die Welt aus den Fugen. Für Lenardo und seine beiden Menschen sowieso. Jetzt war er nämlich mit einer fürchterlich zickigen Stute allein und völlig durch den Wind. Nachdem die Menschen sich einigermaßen berappelt hatten, beschlossen sie, wieder einen Freund für Lenardo zu finden, der übrigens auch aus dem Geschlechte derer von Holstein stammt.

So kam ich ins Spiel. Und wenn die mich nicht aus Sachsen geholt hätten, wäre ich mit 16 Jahren in der Wurst gelandet. Nett, oder? Ja, mein Problem war, daß ich einen Lungenschaden habe. Na ja, besser Lungenschaden als Dachschaden sag ich immer. Aber die Menschen, bei denen ich war, wollten eigentlich einen Spring-Champion aus mir machen. Weil ich so schöne lange Beine habe, hätte das sicherlich funktioniert. Aber ich bin immer so schnell aus der Puste geraten. Da haben sie einen Arzt geholt und der hat das mit der Lunge festgestellt. Dann habe ich ganz lange nichts gemacht. Schließlich sollte ich verkauft werden. Und wenn kein Käufer gekommen wäre, hätten sie mich als Würstchen auf den Grill gepackt. Aber das Glück war mir hold und eines schönen Sommertages vor fast drei Jahren traf ich dann auf Lenardo. Wir haben uns auch sofort verstanden. Das wundert mich jetzt aber nicht. Schließlich haben wir dieselbe Abstammung, sogar denselben Großvater. Und wenn man sich dann noch unsere Namen anschaut: Leandro und Lenardo. Leandro ein bißchen gewürfelt und was kommt dabei raus? Richtig, Lenardo. Da konnte einfach nichts schiefgehen;-)

Nun waren wir also zu zweit, Lenardo und ich. Aber unsere Menschen fanden, daß das doch noch ein bißchen dürftig ist für ein ordentliches Herdenleben. Noch zwei Pferde wäre schön. Am liebsten zwei Großpferde, Wallache, bloß keine Stuten, die seien so zickig. Aber wie das Leben so spielt, kamen dann letztlich ein Pony und eine Stute zu uns. Und wir sind seither eine eingeschworene Gemeinschaft.

Als letzte kam Lilly, dieser Pferdezwerg von einem Shettlandpony. Sie hatte ihre Freundin Emma verloren, die war an Krebs gestorben. Und da sie auf den Hof gehörte, wo wir alle stehen, haben die Menschen gesagt, sie probieren es einfach mal bei uns aus. Wehrhaft ist sie ja, die Kleine. Wir haben allerdings keinen Zweifel daran gelassen daß sie uns zu gehorchen hat, daß wir aber bereit sind, ihr Asyl zu gewähren. Und so lebt sie nun auch schon seit fast zwei Jahren bei uns. Sie ist zehn, verfressen, wie es sich für ein Pony gehört und wie schon gesagt, einfach rotzfrech. Trotzdem hat sie sich ganz gut in die Herde integriert. Blieb ihr ja auch nichts anderes übrig, sonst hätte es was gesetzt von uns. Nun sind wir also Viereinhalb, denn Lilly zählt ja nur zur Hälfte;-)

Genug der Worte, jetzt ein paar Bilder, denn auch optisch macht unsere Herde was her:


Vorne links ist meine Wenigkeit, dahinter Ria, dann Lenardo und der Typ ohne Kopf ist Poker. Wir haben zwar mehr als ein Heunetz, aber gemeinsam knabbern macht einfach mehr Spaß.











Hier werden ein paar Zweige vernascht: Links Ria, in der Mitte Lenardo, auch nachts unschwer an seiner heissen Blesse zu erkennen und neben ihm Poker, diesmal mit Kopf.











Mit Pferdezwerg Lilly habe ich mir ein paar Zweige geteilt. Hmm, ihr fehlt ja auch der Kopf. Muß mal mit dem Fotografen ein ernstes Wort reden. Hinter Lilly geht Omi, sucht sich wohl was eigenes.









So muß ein Pferdeleben aussehen: 24 Stunden Auslauf und ständig was zwischen den Zähnen. Brauchen wir ja auch, schließlich sind wir Dauerfresser, weil unsere Verdauung so angelegt ist. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Und nun Schluß mit der Vorstellung. Ich hab jetzt zu tun, denn der Hufschmied ist im Anmarsch. Ein sehr netter Kerl.

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