Montag, 9. März 2015

Klartext zur Ölfütterung

Da bin ich wieder. Hat etwas länger gedauert als geplant, wofür es natürlich auch Gründe gibt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Heute machen wir einen Ausflug in die Biochemie. Kein ganz leichtes Thema. Aber ich will euch etwas über das Öl erzählen. Das Thema Ernährung ist ohnehin ein weites Feld, und es gibt dazu mindestens so viele Meinungen wie es Futtermittelhersteller, Tierärzte und Experten, die echten und die selbsternannten, gibt. Überhaupt, was die Ernährung angeht, werdet ihr noch viel von mir lesen.

Aber jetzt erst mal zum Öl. Und bevor ich ins Detail gehe, sei nur eines vorweg angemerkt: Wieviele freilebende Pferde sind bekannt, die an der Ölflasche nuckeln? Unsere drei Zweibeiner haben sich viele Gedanken gemacht und sich gegen das Öl entschieden. Man muß uns ja nicht künstlich krank machen, oder? Insofern sind meine Freunde und ich ölfrei. Und es geht uns prima dabei;-)
 
Öl in der Pferdefütterung gibt es schon seit geraumer Zeit. Das ist irgendwann in Mode gekommen, weil irgendjemand dieses Märchen in die Welt gesetzt hat, es helfe beim Fellwechsel und liefere Energie. Beim Wort Energie wurden vor allem die Besitzer von Sportpferden hellhörig. Hinterfragt hat das offenbar niemand, und so wurde der „Schuss“ über das Krippenfutter zur Gewohnheit.

Aber stimmt das alles überhaupt? Hilft es wirklich beim Fellwechsel und brauchen Pferde Öl für mehr Energie? Meinen bescheidenen Kenntnissen nach zu urteilen, gibt es weder zur einen noch zur anderen These irgendwelche wissenschaftlichen Erkenntnisse von den Zweibeinern.

Das wichtigste Futter, das wir benötigen, ich kann es gar nicht oft genug sagen, ist Heu und zwar ad libitum. Darüberhinaus gutes Mineralfutter, am besten Kräutermineralien, denn die ganze Palette mit den synthetischen Zusätzen, die vertragen wir nämlich genausowenig wie das Öl. Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Und dann vielleicht noch ein bißchen Hafer, ein paar Äpfel und Möhren. Das reicht völlig, schmeckt und ist gesund.

Anders als Öl. Das ist für uns gesundheitsschädlich, denn unser Verdauungssystem ist auf eine Ölverwertung überhaupt nicht angelegt. Wir können dieses Öl nicht resorbieren, also aufnehmen. Um Öl resorbieren zu können, bedarf es zunächst einmal einer Emulgierung, damit sich die Fettenzyme (Lipasen), die das Öl aufspalten, andocken können. Öl ist eine schwer zu verschmischende Flüssigkeit. Wer das mal mit Wasser und Öl probiert hat, weiß, wovon ich rede. Diese Emulgierung besorgt die Galle, indem sie die unlöslichen Stoffe des Öls in kleine Tröpfchen zersetzt, so daß die Enzyme ihre fettspaltende Aufgabe wahrnehmen können. Anders als der Mensch besitzen wir allerdings keine Gallenblase, wo normalerweise die Galle gespeichert wird, die übrigens von der Leber produziert wird. Das heißt im Klartext: Bei uns wird die Galle direkt von der Leber aus in den Dünndarm abgegeben und zwar kontinuierlich in kleineren Mengen. Denn unsere Galleproduktion ist an die Rauhfutterverdauung angepasst und die enthält kaum Fette. Es wird nicht ausreichend emulgiert und so können keine Lipasen ansetzen, die die Fettsäuren aufspalten. Zumal wir ohnehin nur wenig Lipasen bilden, da wir kaum Fettsäuren aufnehmen. Schließlich sind wir Veganer.

Der nächste Punkt sind die Bakterien. Öl vernichtet Bakterien. Das ist für die Konservierung von Lebensmitteln, wie beispielsweise Antipasti, Käse, Pilze oder Fisch völlig in Ordnung, dafür wird es auch eingesetzt.

Öl  tötet Bakterien, auch die wichtigen

 

Das bedeutet für uns allerdings auch: Öl tötet Bakterien in unserem Darm. Und dort, das ist euch Zweibeinern bekannt, sitzt die Gesundheit. Wenn die Darmflora durcheinandergerät, wie etwa bei Antibiotikagaben, dann kann das für das Immunsystem katastrophal werden, weil es gegen krankmachende Keime nicht mehr adäquat reagieren kann. Zweifellos gibt es Situationen, in denen Antibiotika gegeben werden müssen, das kann ja manchmal Leben retten. Aber gleichzeitig werden wichtige Darmbakterien zerstört, so daß ein gefährliches Ungleichgewicht entsteht.

Und genau das geschieht bei der Ölfütterung. Wie ihr gerade gelesen habt, produzieren wir kaum Lipasen, weil wir sie nicht benötigen. Daher kann das Öl im Dickdarm zu einer drastischen Abtötung von Darmbakterien führen, was natürlich eine schwere Schädigung der Darmflora zur Folge hat. Zudem wird der Futterbrei mit einem Ölfilm überzogen, so daß er durch die Futterpassage flutscht und essentielle Nährstoffe gehen verloren, weil beispielsweise Stärke, Eiweiße und Cellulose nicht richtig aufgespalten und damit auch nicht mehr vernünftig verwertet werden können. Das heißt, selbst die Bereitstellung von Energie aus unserem so wichtigen Rauhfutter wird dadurch eingeschränkt.

Öl zerstört also lebenswichtige Bakterien, die wir für unsere Verdauung benötigen. Von den meisten werden diese Winzlinge immer als Krankmacher angesehen. Das ist aber nur bedingt richtig. Denn der Organismus benötigt auch Bakterien, um bestimmte Vitamine zu produzieren, wie etwa die Vitamin-B- und K-Komplexe, oder Säuren, die keimtötend bzw. wachstumshemmend sind. Das heißt, gute und „böse“ Bakterien bilden eine Symbiose, die für uns Pferde (und auch für euch) wichtig ist. So fungieren beispielsweise die guten als Barriere, um schädliche Mikroorganismen abzuwehren. Wenn aber die guten vernichtet werden, können sich die „bösen“ Buben hemmungslos ausbreiten.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Fell. Die meisten Pferdebesitzer schwärmen von unserem ach so schön glänzenden Fell, wenn sie uns Öl in die Krippe gießen. Wie schwierig bis unmöglich die Ölverdauung für uns ist, wisst ihr nun. Trotz allem ist unser Körper gezwungen diese unerwünschte Flüssigkeit aufzunehmen, und der Darm absorbiert notgedrungen das sogenannte Fremdfett. Für uns heißt das: raus aus dem Körper, so schnell wie möglich. Einmal über die Verdauung und wenn das nicht mehr ausreicht, müssen wir den Weg über die Haut gehen. Das Öl wird also über die Talgdrüsen der Haut ausgeschieden. Na, geht euch ein Licht auf? Das ist der Grund, warum wir glänzen wie Speckschwarten in der Sonne. Nicht, weil uns das Öl so gut bekommt, sondern weil unser Stoffwechsel total überlastet ist und wir verzweifelt versuchen, das Ganze wieder loszuwerden! Das beste während des Fellwechsels ist Fellpflege und wälzen, wälzen, wälzen...





Macht nicht nur Spaß, sondern ist auch wichtig. Links sind Poker und Lenardo in action, unten bin ich es höchstpersönlich

Ich denke, ich habe jetzt genügend Gründe genannt, dieses vermeintlich hypergesunde Öl wegzulassen. Stellt uns gutes Heu ad libitum zur Verfügung. Das habe ich ja schon erwähnt. Und wenn ihr uns wirklich etwas Gutes tun wollt, dann gebt uns ein-, zweimal pro Woche einen Esslöffel ölhaltige Samen wie Sonnenblumenkerne oder Leinsamen über den Hafer, der übrigens auch Ölsäuren enthält. Solche kleinen Mengen sind für uns gut verträglich und auch leicht verdaulich.

Und wie wäre es zusätzlich mit einer Handvoll Hagebutten täglich? Die enthalten nämlich nicht nur ungesättigte Fettsäuren, sondern auch eine ganze Menge Vitamin C. Und sie haben Haare an den Kernen, was wiederum Würmer nicht mögen. Aber das ist eine andere Geschichte.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen